Mehr Interviews-Schnipsel zu The Beach

 

Während eines Pressemarathons auf Maui / Hawaii Anfang 2000 gab Leonardo drei Tage lang Interviews für Journalisten aus aller Welt - nachdem er über anderthalb Jahre nichts Öffentliches hatte verlautbaren lassen.

aus: GALA

Die halbe Welt war gespannt, für welchen Film Sie sich nach "Titanic" entscheiden würden. War´s schwierig?

Leonardo: Naja, ich habe ein Projekt gewartet, dass mir nicht nur gefiel, sondern eine Saite in mir anschlug. Nach dem "Titanic"-Rummel haben mich die Medien geradezu eingekreist - alles, was ich tat, wurde aufgepumpt, und jedes Drehbuch, von dem ich sagte, das es mir gefalle, verwandelte sich prompt in meinen neuen Film. Da habe ich mich einfach mal ausklinken müssen.

Sie haben stark unter Druck gestanden nach Ihrem Welterfolg.

Leonardo: Das war ein Jahr, in dem ich viel gelernt habe. Leider gibt es kein Handbuch, in dem man lesen könnte, wie es ist, wenn man berühmt wird, und was man tun muss, um zu überleben. Ich musste das alles selbst herausfinden, mein eigenen Fehler machen und erkennen, dass vieles einfach unvermeidlich passiert. Der Ruhm ist ein Monster, dass du nicht kontrollieren kannst. Egal, was du tust: In der Presse steht etwas anderes. Das musste ich erstmal begreifen.

Ist das Leben unter Aufsicht hart?

Leonardo: Klar. Aber die Situation hat mir auch viele Möglichkeiten verschafft in einem Job, den ich liebe. Möglichkeiten, von denen ich zuvor nicht mal träumen konnte.

Auch Chancen im privaten Bereich. Ein Mädchen schrieb Ihnen, sie wäre gern die Qualle gewesen, die sie gebissen hat. Lesen Sie solche Post?

Leonardo: Ja, manchmal. Vor allem in dieser ganzen Zeit, wo es so verrückt war.

Welchen Rat würden Sie einem angehenden Star geben?

Leonardo: Nicht alles so persönlich zu nehmen und nicht auszuflippen. Vor "Titanic" nahm ich alles persönlich, was über mich geschrieben wurde - und alles ernst, was ich über andere Schauspieler las. "Oh nein", hab ich oft gedacht, "wie können sie es nur in ihrer eigenen Haut aushalten?" Jetzt weiß ich,wie ich damit umgehen muss: Ich lasse meine Arbeit für mich selber sprechen. Die Unterstellungen und Vermutungen interessieren mich inzwischen nicht mehr. Man hat ohnehin keinen Einfluss darauf.

Stimmt es, dass Sie mit Francis Ford Coppola über die vierte Folge des "Paten" gesprochen haben?

Leonardo: Ja, aber leider starb dann Mario Puzo, und es wurde nichts daraus.

Es heißt auch, dass Sie über "Star Wars" verhandeln?

Leonardo: Ich habe mit George Lucas darüber gesprochen, aber ein Drehbuch habe ich noch nicht gesehen.

Gehen Sie in diesem Jahr zur Oscar-Verleihung?

Leonardo: Nein.

Ist es wahr, dass Sie im letzten Jahr nicht hingegangen sind, weil Sie für "Titanic" nicht nominiert wurden?

Leonardo: Nichts gegen solche Veranstaltungen, aber ich fühle mich da unwohl. Ich war nicht ärgerlich - ich hatte einfach keinen Grund hinzugehen.

Über Ihr Liebesleben wird viel spekuliert. Kaum reden Sie mit jemanden, schon haben Sie eine Affäre.

Leonardo: Wem erzählen Sie das? Aber was kann ich tun?

Nicht in aller Öffentlichkeit mit Carmen Electra knutschen.

Leonardo: Wir haben überhaupt nicht geknutscht - das ist das Lustigste daran. Ich war schockiert! Seit ein paar Jahren stelle ich fest, wie gern und wie leicht die Menschen lügen. Keine Ahnung, was das soll.

Wohin ziehen Sie sich zurück?

Leonardo: Hm, es ist nicht wirklich ein Exil, aber ich fahre gern mit dem Auto herum.

Was für ein Auto fahren Sie?

Leonardo: Derzeit einen Lexus. Aber ich wechsle öfter mal. Wenn mich ein Auto langweilt, gebe ich es meinen Eltern.

"The Beach" spielt in Thailand. Gefällt es Ihnen dort?

Leonardo: Es ist der unglaublichste Ort auf Erden. Einzigartig. Wie das römische Reich. Alles passiert dort, man kann allles mögliche dort erleben und finden.

Einschließlich schöner Frauen?

Leonardo: Alle Arten von schönen Frauen. Aber darüber hinaus ist es verrückt, wild, eine wahnsinnige Mischung von richtig süßen Menschen und einer sehr gewalttätigen Kultur. Eine abgedrehte Welt dahinten.

aus: TV movie

Sie sind dafür bekannt, dass Sie gerne ihre Ideen in den Film einbringen. Und ihre Familie. War das bei "The Beach" auch so?

Leonardo: Natürlich. Meine Mutter ist bei all meinen Filmen dabei. Sie besucht mich gern am Set, liebt den Rummel un die Atmosphäre. Ich habe immer dafür gesorgt, dass meine Mutter und meine Oma als Komparsen in irgendeiner Szene mitmachen konnten. Bisher hat nur jeder Regisseur ausgrechnet diese Szene wieder herausgeschnitten. Deshalb habe ich Danny Boyle, dem Regisseur von "The Beach", gesagt: "Danny, bitte sorg dafür, dass es diesmal eine Szene ist, die drinbleibt."

Und - blieb sie?

Leonardo: Ja. Mama und Oma trinken gerade in dem Dreckloch von Hotel Kaffee, wenn ich vom Schuppen zurückkehre, wo ich das Schlangenblut getrunken habe. Dabei handelte es sich übrigens um leicht verdünnten Sirup.

Sie spielen in dem Film einen Rucksacktouristen. Haben Sie persönlich in Thailand welche kennengelernt?

Leonardo: In Massen. Ich hatte keine Ahnung, dass es in Thailand so viele auf der Suche nach einer hippieähnlichen Existenz gibt. Die Ironie ist nur, dass sie im Grunde alle zu Touristen werden.

Das klingt fast abfällig.

Leonardo: Naja, es ist nicht gerade besonders nobel, Tourist zu sein. Ich bin ja selbst einer. Leider. Wenn ich leider sage, dann meine ich damit, dass Touristen die Vorboten von Zerstörung der Kulturen sind. Wir kommen in ein Land wie Thailand und passen es unseren Bedürfnisen an. Damit rauben wir dem Land allmählich seine Identität.

 

 

aus: Trierischer Volksfreund - 21. Februar 2000

TV-INTERVIEW

Leo und der Sündenfall im Paradies

Nach zwei Jahren Filmpause ist Leonardo DiCaprio wieder da und spielt in »The Beach« den unsympathischen Richard

BERLIN. Leonardo Superstar. Kein anderer Schauspieler erzeugt derzeit größere Fan-Hysterie um seine Person. Sein neuester Film »The Beach« ist gerade angelaufen.

In der Rolle eines behinderten Jungen in »Gilbert Grape« schaffte der Kalifornier, der am 11. November 1974 in Hollywood geboren wurde, 1993 den Durchbruch und wurde für seine Darstellung für den Oscar nominiert. DiCaprio bot gehobene Schauspielkunst in »Total Eclipse« und als »Jim Carroll - In den Straßen von New York«. Die Herzen der Fans aber eroberte er als romantischer Held in »William Shakespeares Romeo und Julia« und »Titanic«. Mit »The Beach« meldet sich Leonardo DiCaprio nach zweijähriger Pause in den Kinos zurück.

Der Rucksack-Tourist Richard in »The Beach« ist als indifferenter, eher unsympathischer Held eine Abkehr von den Erfolgsrollen. Ist das eine bewusste Entscheidung gegen das Image?

Leonardo: »Titanic« war ja wohl eher die Ausnahme. Eigentlich hatte ich davor das Image eines recht verstörten oder verstörenden Jugendlichen. Ich möchte mich als Schauspieler nicht über meine Rollen definieren. Ich will so viele verschiedene Rollen spielen können wie möglich. In meinem Alter sollte man sich da alle Türen offen halten. Theoretisch heißt das, dass mir die ganze Palette an Charakteren und Stories zur Verfügung steht.

Inwieweit haben Sie sich in der Rolle des Richard wiederfinden können?

Leonardo: Meine Identifikation mit Richard hat wohl eher etwas mit meiner Generation zu tun, als tatsächlich mit meinen Erfahrungen als Star. Menschen meines Alters sind sehr beeinflusst durch die Medien. Erfahrungen werden über Fernsehen, Film und Internet gemacht. Entsprechend ist unsere Welt zu einem großen Teil digitalisiert. Insofern bewundere ich Richard, der den Mut aufbringt, sich einem realen Abenteuer, einer realen Welt auszusetzen. Er landet da, wo seine wildesten Träume das Paradies vermuten. Ein Ort eben, wo die üblichen Gesetze der Gesellschaft nicht mehr gelten. Am Ende muss er nur feststellen, dass dieses Paradies einem falschen Konzept folgt. Und er kann nicht vor sich selber flüchten.

Was begreifen Sie als Paradies? Gehört Starrummel dazu?

Leonardo: Das Paradies ist für mich ein Gefühlszustand, in dem du dich jeden Morgen auf den Tag freust. Das ist nicht immer einfach, wenn du weißt, es erwartet dich eine neue Schlagzeile, die meistens nur eine neue Lüge auftischt. Und wie gehe ich damit um? Nun ja, eigentlich gar nicht. Ich habe mich davon völlig abgenabelt. Der Rummel um mich hat längst ein Eigenleben entwickelt. Er ist ein wildes Tier, das rein gar nichts mit meiner Person zu tun hat. Ob gute oder schlechte Publicity, ich lebe mein Leben. Alles andere wäre richtig ungesund.

Wie nah sind Sie Ihrem Paradies bisher gekommen?

Leonardo: Hey, ich bin 25 und meinem Paradies so nah und so fern wie jeder andere in meinem Alter. Auch ich habe die Weisheit nicht mit Löffeln gefressen. Beruflich würde ich schon sagen, dass ich mich in einem paradiesähnlichen Zustand befinde. Ich bekomme Unmengen spannender Rollen und Stories angeboten. Ich kann mir aussuchen, in was für eine Richtung ich meine Karriere laufen lassen will. Das ist großartig.

Können Sie überhaupt noch ein normales Leben führen?

Leonardo: Was die Leute sich unter Berühmtsein vorstellen, hat wahrscheinlich wenig mit der Wirklichkeit zu tun. Sie glauben an Horden von wunderschönen Mädchen, die einen umgeben; an Paparazzi und Menschenaufläufe. Das suggeriert zumindest die Zeitung. Die Realität sieht aber doch ganz anders aus. Diese Art Aufmerksamkeit bekomme ich eigentlich nur, wenn ich auf Promotion-Tour für einen Film gehe. In der übrigen Zeit gibt es gelegentlich einen Fototermin oder ein Interview. Ich kann immer noch tun was ich will und gehen, wohin ich will. Ansonsten könnte ich diesen Rummel aber auch nicht ertragen.

Haben Sie sich jemals gefragt, warum es gerade Sie getroffen hat?

Leonardo: Tatsächlich frage ich mich das jeden Tag aufs Neue. Ich komme zu keinem Schluss. Warum ich, gute Frage. Wahrscheinlich durch viel Glück und das richtige Timing. »Titanic« kam einfach zum richtigen Zeitpunkt.

Es heißt, Sie haben am Set von »The Beach« Tagebuch geführt?

Leonardo: Ja, um mir über meine Rolle klarer zu werden. Irgendwie gab es da schon eine persönliche Beziehung zwischen mir und Richard. Ich konnte ihn gut verstehen. Nicht seine Taten, aber seine Beweggründe. Er sucht nach etwas, womit er sich beweisen kann. Er setzt sich dabei immer neue und höhere Ziele. Ist nicht zufrieden, mit dem, was er hat. Das gilt nicht nur für Richard und mich, sondern einfach für fast alle Menschen auf dieser Welt. Solchen Kram habe ich ins Tagebuch geschrieben.

In Gegensatz zur Buchvorlage gibt es viel Sex in »The Beach«. Lässt man sich das als Klausel in den Vertrag schreiben?

Leonardo: Also, es gibt keine solche Klausel in meinen Filmverträgen, wenn du das meinst. »Romeo und Julia« und »Titanic« waren halt romantische Geschichten, da küsst der Junge eben das Mädchen. »The Beach« ist zwar keine Romanze, aber Richard erlebt halt sein persönliches Paradies. Dazu gehört auch das Mädchen, in das er verschossen ist. Die zweite Sex-Szene hat eher etwas mit Manipulation zu tun. Sie definiert den Charakter, was eher untypisch für Filmsex ist.

Drehen Sie gerne Sex-Szenen?

Leonardo: Geht so. Sie sind nicht anders als andere Szenen. Am Set geht's auch mehr technisch als leidenschaftlich zu.

Was macht Ihnen an der Schauspielerei am meisten Spaß?

Leonardo: Alles. Ich mag alles. Schauspielern ist das, was ich am besten kann. Es gehört zu meinen frühesten Kindheitserinnerungen, dass ich vor einem Familienpublikum Gaukeleien gemacht habe. Irgendwer muss mir das in die Wiege gelegt haben. Außerdem ist Schauspielern ein Beruf, bei dem man nie auslernt. Man trifft interessante Kollegen und Regisseure und lernt neue andere Lebensweisen durch die Charaktere kennen.

Und die negativen Seiten?

Leonardo: An meinem Beruf gibt es nichts Negatives. Noch nicht einmal die schmerzhafteste Szene ist wirklich schlimm. Aber das ganze Gewese drumherum stinkt mir schon.

Das Gepräch führte unsere Mitarbeiterin Edda Bauer.

posted by Gabi

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